Kompetenzentwicklung
für nachhaltige Landwirtschaft.

Eine Gruppe Auszubildender zu Besuch auf dem landwirtschaftlichen Betrieb in Juchowo.

Aufbau einer Zusatzqualifikation „Ökologischer Landbau“
für die landwirtschaftliche Berufsbildung in Polen

Seit April 2024 setzen das Netzwerk Biodynamische Bildung aus Deutschland und die Stanisław Karłowski-Stiftung aus Polen gemeinsam ein Weiterbildungsprojekt zur besseren Verankerung des Themas „Ökologischer Landbau“ an landwirtschaftlichen Berufsschulen in Polen um. Das dreijährige Projekt wird von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt kofinanziert.

Die Land- und Nahrungsmittelwirtschaft ist global für die Überschreitung von etwa der Hälfte der planetaren Belastungsgrenzen verantwortlich.

Durch übermäßige Nährstoffeinträge in terrestrische und aquatische Ökosysteme kommt dabei dem Stickstoff- und Phosphorkreislauf in der Landwirtschaft die größte Bedeutung zu. So zählen z.B. die Nährstoffeinträge aus der polnischen Landwirtschaft zu den größten Verschmutzungsquellen der Ostsee. Ein weiterer negativer Effekt bestimmter landwirtschaftlicher Praktiken ist der sowohl in terrestrischen als auch in aquatischen Ökosystemen fortschreitende Biodiversitätsverlust.

Da die positiven Wirkungen des ökologischen Landbaus auf die Reduktion von Nährstoffeinträgen und den Schutz der Biodiversität seit Langem bekannt und vielfach beschrieben sind, spielt die Ökologisierung der Landwirtschaft in auf verschiedenen politischen Ebenen verabschiedeten Strategien zum Schutz von Natur, Umwelt und Klima eine wichtige Rolle. So sind gleich mehrere der von den Vereinten Nationen formulierten Nachhaltigkeitsziele mit der Ökologisierung der Landwirtschaft verbunden.

Mit dem European Green Deal hat die EU-Kommission den Beschluss gefasst, den ökologischen Landbau in der EU bis 2030 auf 30% der landwirtschaftlichen Fläche auszuweiten. Das Ziel der deutschen Bundesregierung ist es, bis 2030 einen Anteil von 25% ökologisch bewirtschafteter Fläche zu erreichen, das Ziel der polnischen Regierung, den Anteil von 2,7% ökologisch bewirtschafteter Fläche (Stand 2020) auf 7% zu erweitern. Da die Landwirtschaft mit einem Anteil von rund 50 % (Deutschland) bzw. 60% (Polen) der größte Flächennutzer in diesen beiden Ländern ist, liegt in der Umstellung auf ökologischen Landbau ein entsprechend großes Potenzial, die auf nationaler wie globaler Ebene gesetzten Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.

Bei Transformationsprozessen in der Landwirtschaft kommt der Berufsbildung dabei eine entscheidende Rolle zu. Dies bestätigt auch eine groß angelegte Arbeitsmarktstudie des Bundeslandwirtschaftsministeriums aus dem Jahr 2021. Anders als in Deutschland begrenzen sich die Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten im Bereich ökologischer Landbau in Polen bisher jedoch auf wenige und fast ausschließlich universitäre Angebote, so dass in diesem Bereich eine Lücke in der beruflichen Bildung besteht.

Ziel des Projektes ist es, die oben beschriebene Lücke in der beruflichen Bildung im Bereich ökologischer Landbau in der Region Nordwest-Polen zu schließen. Im Rahmen des Projektes soll das Angebot einer einjährigen beruflichen Zusatzqualifikation „Ökologischer Landbau“ erarbeitet und erprobt werden.

Die geplante Qualifikationsmaßnahme richtet sich an Auszubildende im Bereich Landwirtschaft als zukünftige Entscheidungsträger in den Familien-Betrieben und möchte diese befähigen, ihre Betriebe auf ökologische Landwirtschaft umzustellen.
Das Projekt wird in einer Zusammenarbeit zwischen dem Netzwerk Biodynamische Bildung gGmbH aus Deutschland (NBB), der Stanisław Karłowski-Stiftung aus Polen (FSK) und zwei polnischen Berufsschulen durchgeführt.

Alle Projektpartner bringen dabei unterschiedliche Kompetenzen, Erfahrungen und infrastrukturelle Möglichkeiten in die Durchführung des Projekts ein: Das NBB verfügt über umfassende Erfahrungen im Bereich der Ausbildung im ökologischen Landbau und der Anwendung von Methoden der Beruflichen Bildung für Nachhaltige Entwicklung; die FSK verfügt über einen ökologischen Praxisbetrieb, Kontakte zu weiteren Praxispartnern, den kooperierenden Berufsschulen und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie über Unterrichts- und Unterbringungsräume; die kooperierenden Berufsschulen schließlich tragen zu einer guten Vereinbarkeit der geplanten Qualifizierungsmaßnahme mit dem Ausbildungsalltag der Auszubildenden bei.

Bei den kooperierenden Berufsschulen handelt es sich um die landwirtschaftlichen Berufsschulzentren in Bonin und Świdwin. Beide Berufsschulzentren befinden sich in räumlicher Nähe zur FSK und bieten verschiedene landwirtschafts- und lebensmittelbezogene Ausbildungsgänge mit den Abschlüssen Berufsausbildung und Fachabitur an. Zurzeit erlernen etwa 500 (Bonin) bzw. 900 (Świdwin) Schülerinnen und Schüler ihren Beruf an den jeweiligen Berufsschulzentren. Beide Schulen möchten ihr Bildungsangebot über den regulären Lehrplan hinaus um die Thematik des ökologischen Landbaus erweitern.

Ideell wird die Qualifizierungsmaßnahme zudem von der Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau in Deutschland, dem Landwirtschaftlichen Beratungszentrum der Wojewodschaft Westpommern in Barzkowice in Polen sowie dem Verein der Polnischen Gemeinden der Euroregion Pomerania unterstützt.

Kollegium der Berufsschule Świdwin

Die Qualifizierungsmaßnahme soll dazu beitragen, jungen Landwirtinnen und Landwirten Sach- und Transformationswissen im Bereich ökologischer Landbau zu vermitteln und das Ansehen von ökologischem Landbau unter ihnen zu erhöhen. Mit der Kommunikation der Projektergebnisse nach außen soll die Attraktivität des ökologischen Landbaus auch über die Teilnehmenden hinaus gesteigert werden.
Mittelfristig soll die Maßnahme dazu beigetragen, dass mehr Landwirtschaftsbetriebe auf ökologischen Landbau umgestellt und so die negativen Umweltwirkungen von Landwirtschaft verringert werden. Folgende konkrete Umweltentlastungseffekte sollen erreicht werden:

  • Klima- und Umweltschutz: Stickstoff- und Lachgasemissionen sind in ökologischen Betrieben deutlich geringer als in konventionellen (um bis zu 50% geringere Sickerraten von Nitrat in ökologischen Betrieben als in konventionellen, um ca. 40% reduzierte Lachgas-Emissionen). Entsprechend wird die Maßnahme einen Beitrag dazu leisten, Nährstoffemissionen zu verringern.
  • Biodiversität: Die positiven Auswirkungen des ökologischen Landbaus insbesondere auf die Diversität von Bodenlebewesen, Vögeln, Insekten und der Ackervegetation sind vielfach beschrieben. So nisten bspw. auf ökologisch bewirtschafteten Flächen etwa doppelt so viele Feldlerchen wie auf konventionellen. Sowohl die Artenvielfalt von Insekten als auch die gesamte Insektenbiomasse ist auf ökologischen Flächen signifikant höher als auf konventionellen. Die Maßnahme wird einen Betrag dazu leisten, den Verlust von Biodiversität zu bremsen.

Kontaktpersonen zum Projekt:

Dr. Anna Szumelda
Dr. Anna Szumelda
Fundacja im. St. Karłowskiego
E-Mail

Markus Knösel
Netzwerk Biodynamische Bildung
E-Mail