Mein Name ist Jiří Prachař und ich habe 2020 die Farmářská škola gegründet – eine dreijährige Ausbildung für ökologische und biologisch-dynamische Landwirt:innen, die sich an der der Biodynamischen Ausbildung in Deutschland orientiert. Ich habe an der Landbauschule Dottenfelderhof und der Universität Kassel in Witzenhausen studiert, danach als Seminarleiter bei der Ausbildung im Westen und als Landwirt auf verschiedenen Demeter-Betrieben in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg oder Hessen gearbeitet. Während meiner fast zehnjährigen Tätigkeit in Deutschland hatte ich die Gelegenheit viele Institutionen kennenzulernen, die biologisch-dynamische Landwirtschaft präsentieren oder lehren. Nach meiner Rückkehr nach Tschechien nutzte ich dies und brachte meine Erfahrungen im tschechischen Umfeld ein. Ich sehe eine qualitativ hochwertige Ausbildung in der biologisch-dynamische Landwirtschaft als entscheidend für die Gesamtentwicklung der biodynamischen Bewegung an. Wir sollten uns der Bildung noch viel intensiver widmen, als wir es jetzt tun. Die jungen Menschen von heute sind auch viel stärker von den Schwierigkeiten der Zeit betroffen und brauchen oft ihren sehr persönlichen Zugang. Dies stellt die Pädagog:innen vor Herausforderungen. Nicht nur in methodischer Hinsicht, sondern auch in Bezug auf die Entwicklung sozialer Kompetenzen, Empathie, Konfliktlösung usw.
Gegenwärtig arbeitet die Farmářská škola mit mehr als 40 biologischen oder biodynamischen Betrieben in Tschechien und der Slowakei zusammen, bringt eine große Gruppe von Fachdozent:innen und Pädagog:innen zusammen und hat bisher etwa fünfzig Auszubildende. Gleichzeitig arbeiten wir an der staatlichen Akkreditierung als höhere Berufsschule. Wir hoffen, dass wir bis 2023 eine offiziell anerkannte Schule mit der Fachrichtung ökologische und biodynamische Landwirtschaft sein können. Wir sind die ersten und (leider) einzigen in Tschechien, die eine Ausbildung in biologischer und biodynamischer Landwirtschaft anbieten. Wir erleben ein noch nie dagewesenes Interesse an diesem Bereich. Die Bewerber:innen repräsentieren ein sehr vielfältiges Spektrum – Absolvent:innen der staatlichen Landwirtschaftsschulen, konventionelle Landwirte, die um stellen möchten, aber auch Manager:innen und BüroAssistent:innen oder anderweitig sozial engagierte Menschen, die den Zustand des Planeten und damit der Landwirtschaft wahrnehmen und durch ihre Arbeit zur Heilung beitragen wollen. Aufgrund der enormen Nachfrage haben wir im Jahr 2022 auch ein Fernstudium eröffnet, das sich vor allem an Landwirtinnen und Landwirte richtet, denen die landwirtschaftliche Theorie im Bereich Bio fehlt.
Wir bemühen uns auch, unsere Betriebsleiter:innen zu schulen. Die meisten von ihnen haben keine Ausbildung in biologischem oder biodynamischem Anbau absolviert, sondern haben sich die nachhaltigen Prinzipien des Biolandbaus selbst oder im Ausland beigebracht. Alle unsere Vorlesungen und Kurse werden daher gefilmt oder live gestreamt.
Ein wichtiger Faktor für unsere Auszubildenen ist die Möglichkeit, sich mit Initiativen in Deutschland zu vernetzen. Besonders schätzen wir die Zusammenarbeit mit Jakob Ganten vom Netzwerk Biodynamische Bildung, mit dem wir bereits mehrere erfolgreiche Projekte durchgeführt haben, weitere sind in Vorbereitung. So wurden beispielsweise grenzüberschreitende Seminare zu ausgewählten Themen wie zur Arbeit mit Pferden, Rinderhaltung, Agroforstwirtschaft, ökologischer Gartenbau durchgeführt, immer begleitet von einer Exkursion auf einen Hof. So besuchten wir vergangenes Jahr den Hof Mahlitzsch, den Lindenhof, das Stadtgut Görlitz, den Dottenfelderhof und den Luisenhof. Alle Teilnehm:innen fühlten sich durch das Seminar und die Exkursion, aber auch durch die Vernetzung und den Erfahrungsaustausch mit anderen Landwirt:innen bereichert. In diesem Jahr fand auch der zweite Durchgang des „Symposiums Lebendige Landwirtschaft“ statt, eine deutsch-tschechische Konferenz über ökologische und biodynamische Landwirtschaft, an der über 200 Personen teilnahmen. Außerdem planen wir gemeinsame Lehrlingstreffen mit unserer Bildungsinitiative und der Biodynamischen Ausbildung in Ostdeutschland. Ich möchte mich hier auch bei den deutschen Dozent:innen bedanken, die regelmäßig in die Farmářská škola kommen, um Vorträge zu halten: Martin von Mackensen, Georg Meißner, Klaus Strüber, Johannes Ell Schnur, Erhard Gapp, Reto Ingold, Mathias Stralhofer, Nicki Haack und viele andere.
Ich freue mich darauf, diese internationale Zusammenarbeit in den kommenden Jahren zu vertiefen und auszubauen, damit wir gemeinsam eine qualitativ hochwertige und unterstützende ökologische und biodynamische Ausbildung entwickeln können. Denn nur durch ein echtes Verständnis der Natur können wir sicherstellen, dass unsere Erde auch für kommende Generationen nachhaltig und lebendig bleibt. Oder wie unser außerordentlicher Professor für Bodenkunde, Jaroslav Záhora von der Masaryk-Universität in Brünn, sagt: „Ökologische Bildung sollte heute eigentlich eine Pflicht sein“.